Die atmosphärische Trockenheit – eine unterschätzte Grösse im Klimawandel

In der Dis­kus­sion um die Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels liegt der Fokus heut­zu­tage auf der sich erhö­hen­den Tem­pe­ra­tur und auf Ände­run­gen im Nie­der­schlag. Für den Was­ser­haus­halt von Pflan­zen und einer Region ist aber eine wei­tere Grösse von zen­tra­ler Rolle, wel­cher sich viele nicht bewusst sind: Das Sät­ti­gungs­de­fi­zit der Luft an Was­ser­dampf (kurz VPD, Vapour-pres­sure defi­cit), wel­che die Trocken­heit der Atmo­sphäre beschreibt. Trocke­ner Boden erschwert oder ver­un­mög­licht die Was­ser­auf­nahme von Pflan­zen, atmo­sphä­ri­sche Trocken­heit ent­zieht der Vege­ta­tion und dem Boden Was­ser und trock­net diese somit wei­ter aus.

Ein häu­fi­ger Anblick im 2020: Die Blät­ter von Bäu­men ver­trock­ne­ten auf­grund von Hitze und Trockenheit

Luft kann nur eine gewisse Menge an Was­ser­dampf auf­neh­men – je näher der Was­ser­ge­halt der Luft an die­sem Grenz­wert ist, desto lang­sa­mer ver­dun­stet Was­ser aus dem Boden oder wird lang­sa­mer von Pflan­zen tran­spi­riert und wenn die­ser Grenz­wert erreicht wird, ver­dun­stet gar kein wei­te­res Was­ser. Wie viel Was­ser­dampf von der Luft auf­ge­nom­men wer­den kann, hängt dabei von ihrer Tem­pe­ra­tur ab und steigt expo­nen­ti­ell mit stei­gen­der Tem­pe­ra­tur an (Gra­fik 1, kann online z.B. hier berech­net werden).

Gra­fik 1: Maxi­ma­ler Was­ser­ge­halt in Gramm (= in Mil­li­li­ter) eines Kubik­me­ter Luft in Abhän­gig­keit der Temperatur. 

Steigt also die Luft­tem­pe­ra­tur an, kann diese wesent­lich mehr Was­ser auf­neh­men. Zwar ver­dun­stet bei einer höhe­ren Tem­pe­ra­tur auch mehr Was­ser, jedoch ist z.B. an Land die Menge an Was­ser begrenzt. Dadurch weist der Was­ser­ge­halt der Luft ten­den­zi­ell ein höhe­res Defi­zit auf, je höher die Tem­pe­ra­tur ansteigt. Die­ses Defi­zit ist die Dif­fe­renz zwi­schen des poten­ti­ell maxi­ma­len Was­ser­ge­halts der Luft und ihres tat­säch­li­chen Was­ser­ge­halts (Gra­fik 2 a und b) – in der Fach­spra­che spricht man vom Sät­ti­gungs­de­fi­zit der Luft, auf eng­lisch Vapour-pres­sure defi­cit oder kurz VPD (in kPa). Die­ser VPD kann als eine «Kraft» ver­stan­den wer­den, wel­che die Ver­dun­stung von Was­ser aus dem Boden und Gewäs­sern oder die Tran­spi­ra­tion (das «Schwit­zen) bei Pflan­zen vor­an­treibt. Als Faust­re­gel gilt, dass ein VPD von 1 kPa für Pflan­zen opti­mal ist – sie ver­dun­sten nicht zu viel Was­ser, aber genug, damit sie aus­rei­chend Nähr­stoffe zu den Blät­tern trans­por­tie­ren können.

Gra­fik 2 a und b: Dar­stel­lung des VPD bei sich erhö­hen­der Tem­pe­ra­tur aber gleich­blei­ben­der Luft­feuchte. Obere Linie: Maxi­ma­ler Was­ser­dampf­druck bei einer gege­be­nen Tem­pe­ra­tur, untere Linie der Was­ser­dampf­druck bei 20% Luft­feuchte bei einer bestimm­ten Tem­pe­ra­tur. Die Dif­fe­renz ist die Grösse des VPD – je grös­ser, desto stär­ker wird der Vege­ta­tion und dem Boden Feuch­tig­keit ent­zo­gen. Quelle: Gross­iord et al. 2020.

Gewisse Regio­nen haben auf­grund ihres Kli­mas auf natür­li­che Weise ganz unter­schied­li­che Vor­aus­set­zun­gen, wie gross der VPD sein kann. Wenn man sich die Gra­fi­ken 3 und 4 ansieht erkennt man, dass der VPD bei einer Tem­pe­ra­tur von 20 °C nur wenig höher als 2 kPa stei­gen kann und dass bei einer hohen rela­ti­ven Luft­feuch­tig­keit die Tem­pe­ra­tur sehr hoch wer­den muss, damit ein hoher VPD erreicht wird. Man kann sich also gut vor­stel­len, dass in rela­tiv küh­len und feuch­ten Regio­nen wie den Alpen, der fran­zö­si­schen Atlan­tik­kü­ste oder in Gross­bri­ta­nien die Luft nie sehr trocken wer­den kann. Die dort vor­kom­mende Vege­ta­tion ist an diese Bedin­gun­gen ange­passt, sie haben also mei­stens kei­nen spe­zi­el­len Schutz vor ver­stärk­ter Ver­dun­stung durch eine trockene Atmosphäre. 

Gra­fik 3: Ver­lauf des VPD bei einer kon­stan­ten Tem­pe­ra­tur und sich ändern­der rela­ti­ven Luftfeuchte
Gra­fik 4: Ver­lauf des VPD bei einer kon­stan­ten Luft­feuchte und sich ändern­der Temperatur

Steigt nun durch den Kli­ma­wan­del die Tem­pe­ra­tur stark an oder ver­rin­gert sich die rela­tive Luft­feuch­tig­keit durch gerin­gere Nie­der­schläge, wird die Luft auch viel trocke­ner und Pflan­zen ver­dun­sten mehr Was­ser (Gra­fik 5). Dadurch wird einer­seits dem Boden Was­ser ent­zo­gen, ande­rer­seits kön­nen Pflan­zen auch direk­ten Scha­den neh­men, wenn sie mehr ver­dun­sten, als das sie wie­der auf­neh­men kön­nen. Als Resul­tat fül­len sich ihre Leit­bah­nen, mit denen sie Was­ser und Nähr­stoffe zu den Blät­tern trans­por­tie­ren, mit Luft, wodurch die­ser Trans­port unter­bro­chen wird und die Pflan­zen begin­nen zu wel­ken. Dadurch kön­nen Pflan­zen abster­ben, obwohl der Boden eigent­lich noch genü­gend Was­ser ent­hal­ten würde.

Gra­fik 5 A bis D: Ände­rung des Sät­ti­gungs­de­fi­zits zwi­schen Blatt­in­ne­ren (100% rela­tive Luft­feuchte (RH)) und Luft bei einer Ver­rin­ge­rung der rela­ti­ven Luft­feuchte (A vs. B und C vs. D) und bei stei­gen­der Tem­pe­ra­tur (A vs. C und B vs. D).

Die atmo­sphä­ri­sche Trocken­heit gibt uns also wei­tere Infor­ma­tio­nen dar­über, wie stark Pflan­zen an Trocken­heit lei­den und ob gewisse Pflan­zen­ar­ten in einer Region in Zukunft noch über­le­ben kön­nen. Wie bei allen kli­ma­ti­schen Para­me­tern spielt hier­bei nicht die Mit­tel­werte son­dern die Extrem­werte eine ent­schei­dende Rolle. Ist z.B. die Was­ser­ver­sor­gung im Som­mer im Durch­schnitt zwar gege­ben, ver­trock­nen viele bei uns vor­kom­men­den Pflan­zen­ar­ten trotz­dem, wenn der Was­ser­ge­halt des Bodens auch nur für ein paar Tage unter einen gewis­sen Schwel­len­wert sinkt oder die Luft für eine län­gere Zeit im Som­mer den Pflan­zen zu viel Was­ser ent­zieht (Bild 1).

Bild 1: Grund­lage des Ver­trock­nen von Pflan­zen. Die Pflanze ver­dun­stet mehr Was­ser, als das sie aus dem Boden auf­neh­men kann. Dadurch ent­ste­hen in ihren Leit­bah­nen Gas­bla­sen, wel­che bei anhal­ten­der Trocken­heit mehr und mehr Leit­bah­nen fül­len kann, wodurch der Was­ser­trans­port immer mehr abnimmt. Ab einem gewis­sen Schwel­len­wert (Art­ab­hän­gig) ster­ben die Pflan­zen ab.

Die Ausbreitung von Tropenkrankheiten im Keim ersticken

Was in den letz­ten Jah­ren von den Mei­sten nicht als Gefahr wahr­ge­nom­men wurde, ist durch die momen­tane COVID-19-Pan­de­mie ver­stärkt in das Bewusst­sein der Men­schen gerückt: Die Aus­brei­tung vor­her unbe­kann­ter oder zumin­dest nicht in der Region vor­kom­men­den Krank­heits­er­re­gern stellt eine akute Gefahr für unsere Gesund­heit dar.

Durch die Kli­ma­er­wär­mung, den glo­ba­len Güter­ver­kehr und die hohe inter­kon­ti­nen­tale Rei­se­ak­ti­vi­tät ist es Krank­heits­er­re­gern und ihren Über­tra­gungs­or­ga­nis­men (Vek­to­ren) heute mög­lich, innert kür­ze­ster Zeit Distan­zen von meh­re­ren tau­send Kilo­me­tern zu über­win­den.[1] Dadurch hat sich zum Bei­spiel die Tiger­mücke mitt­ler­weile in meh­re­ren euro­päi­schen Län­dern aus­ge­brei­tet. Dadurch kam es bei­spiels­weise 2007 in der Lom­bar­dei zu einem Aus­bruch des Chi­kun­gu­nya-Virus kam, bei dem über 200 Men­schen erkrank­ten.[2] Alleine zwi­schen 2007 und 2012 erkrank­ten in Europa 2237 Men­schen am Den­gue- und 231 Chi­kun­gu­nya-Fie­ber.[3] 2017 kam es in Ita­lien zu einem erneu­ten Aus­bruch des Chikungunya–Virus, bei dem 436 Men­schen erkrank­ten.[4] Umwelt­wis­sen­schaft­ler und SP-Poli­ti­ker Phil­ipp Schuler: «Wenn die Aus­brei­tung der krank­heits­über­tra­gen­den Insek­ten nicht im Keim erstickt wird, wer­den sich in unse­rer Region in Zukunft gefähr­li­che Tro­pen­krank­hei­ten ansiedeln.»

In der Schweiz hat sich die Tiger­mücke im Tes­sin als erstes aus­ge­brei­tet. Zwar kam es dort bis­her noch zu kei­nen Aus­brü­chen einer der von ihr über­tra­ge­nen Tro­pen­krank­hei­ten, neu­ste Unter­su­chun­gen zei­gen jedoch, dass die Grund­vor­aus­set­zun­gen dazu im Tes­sin schon gege­ben sind.[5] Auch in Basel hat sich die Tiger­mücke in den letz­ten Jah­ren immer wei­ter aus­ge­brei­tet.[6]

Die Bekämp­fungs­stra­te­gie der Regie­rung gegen die Tiger­mücke ist lei­der wenig effek­tiv, was bei einer Betrach­tung der Mass­nah­men auch nicht wei­ter ver­wun­dert. Sie beschrän­ken sich auf die Ver­mei­dung von geeig­ne­ten Brut­stät­ten und die Mel­dung von gefun­de­nen Tiger­mücken – dass die­ser Plan in einem Kan­ton wie Basel-Stadt alles andere als effek­tiv sein wird, liegt auf der Hand. Es wird dabei erwähnt, dass mit die­ser Stra­te­gie im Tes­sin die Aus­brei­tung der Tiger­mücke ver­lang­samt wer­den konnte. Dass es schluss­end­lich irrele­vant ist, ob sich die Tiger­mücke nun in drei oder zehn Jah­ren bei über­all aus­brei­ten kann, wird darin nicht erwähnt. «Wir müs­sen wirk­same neue Metho­den aus den Haupt­ver­brei­tungs­ge­bie­ten der Tiger­mücke anwen­den, damit wir eine Ansie­de­lung von Grund auf ver­hin­dern kön­nen. Nur so kön­nen wir die Sicher­heit der Bevöl­ke­rung auch in Zukunft gewähr­lei­sten», so SP-Gross­rä­tin Sarah Wyss. Aus die­sem Grund ist der über­par­tei­lich unter­zeich­nete Anzug[7] zur wirk­sa­men Bekämp­fung von Tiger­mücken von gros­ser Bedeutung.


[1] (z.B. Ryan, SJ. et al. 2019, PLOS NEGLECTED TROPICAL DISEASES: Glo­bal expan­sion and redis­tri­bu­tion of Aedes-borne virus trans­mis­sion risk with cli­mate change oder Krae­mer, MUG, 2019, NATURE MICROBIOLOGY: Past and future spread of the arbo­vi­rus vec­tors Aedes aegypti and Aedes alb­o­pic­tus).

[2] (Rezza, G. et al. 2007, LANCET: Infec­tion with chi­kun­gu­nya virus in Italy: an out­break in a tem­pe­rate region).

[3] (Toma­sello et al. 2013, TRAVEL MEDICINE AND INFECTIOUS DISEASE: Chi­kun­gu­nya and den­gue auto­cht­ho­nous cases in Europe, 2007-2012).

[4] (Lindh, E. et al. 2018, OPEN FORUM INFECTIOUS DISEASES: The Ita­lian 2017 Out­break Chi­kun­gu­nya Virus Belongs to an Emer­ging Aedes alb­o­pic­tus-Adapted Virus Clu­ster Intro­du­ced From the Indian Sub­con­ti­nent)

[5]  (Ravasi, D. et al. 2020, MEDICAL AND VETERINARY ENTOMOLOGY: Eva­lua­tion of the public health risk for auto­cht­ho­nous trans­mis­sion of mos­quito-borne viruses in sou­thern Switz­er­land).

[6] (Bei­träge dazu z.B. https://telebasel.ch/2020/05/14/tigermuecke-breitet-sich-weiter-aus/?channel=105100 oder https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/tipps-an-die-bevoelkerung-basel-sagt-der-tigermuecke-den-kampf-an).

[7] http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100392/000000392132.pdf?t=159654126420200804134104

Anzug Sarah Wyss und Kon­sor­ten betref­fend Nach­hal­tig und inno­va­tiv Tiger­mücken-Aus­wir­kun­gen bekämpfen

Die Tiger­mücke brei­tet sich immer stär­ker in der Region Basel aus. Die Anzugs­stel­len­den begrüs­sen­das Enga­ge­ment des Regie­rungs­ra­tes -erach­ten es jedoch nicht als aus­rei­chend. Nach­dem die­Schrift­li­che Anfrage vom August 2019 (Geschäft: 19.5349.02) zwar beant­wor­tet -die Anlie­gen­aber nicht auf­ge­nom­men wur­den, bit­ten die Anzugs­stel­len­den nun per Anzug­den Regie­rungs­rat­das Anlie­gen ernst­haft zu prü­fen und dar­über zu berich­ten -und nicht nur die «neuen Ent­wick­lun­gen­mit Inter­esse und Auf­merk­sam­keit zu verfolgen».Mit dem Kli­ma­wan­del steigt die Gefahr der Ein­füh­rung neuer Krank­heits­er­re­ger und deren Vek­to­ren­mas­siv an. Seit 2018 ist bekannt, dass sich die Tiger­mücke inBa­sel erfolg­reich ansie­deln konnte.Diese äus­serst aggres­sive Mücken­art ist als Vek­tor ver­schie­de­ner Tro­pen­krank­hei­ten bekannt. Soüber­trägt sie das West-Nil-Virus, Gelb­fie­ber, Den­gue-Fie­ber, das Chi­kung­ava-Fie­ber und ver­mut­lich­auch das Zika-Virus. In ver­schie­de­nen Regio­nen Euro­pas konnte sich die Tiger­mücke schon­er­folg­reich ansie­deln, ver­grös­serte danach ihre Popu­la­tion inner­halb kür­ze­ster Zeit erheb­lich und trat­schon als Über­trä­ger von ein­ge­schlepp­ten Tro­pen­krank­hei­ten in Erschei­nung. So ver­ur­sachte sie­bis­her in Kroa­tien, Ita­lien, Süd­frank­reich und Spa­nien lokale Aus­brü­che des Chikungava-Fiebers,welches ursprüng­lich nur in den Tro­pen Afri­kas und Asi­ens vor­kam. Es ist somit offen­sicht­lich, dass­die Aus­brei­tung die­ser Mücken­art zu einer gros­sen Gefahr für die Bevöl­ke­rung wer­den wird. Das von­den Kan­to­nen BS und BL bis­her aus­ge­ar­bei­tete Bekämp­fungs­pro­gramm setzt laut vor­han­de­nen­In­for­ma­tio­nen auf Kon­trolle und die Sen­si­bi­li­sie­rung der Bevöl­ke­rung, poten­ti­elle Brut­ge­biete zue­limi­nie­ren. Einer For­schungs­gruppe der chi­ne­si­schen Sun-Yat­sen-Uni­ver­si­tät Guang­zhou ist es nun­mit einem neuen Ansatz gelun­gen, die Fort­pflan­zung der Tiger­mücke in einer loka­len Hoch­burg desChi­kung­ava-Fie­bers nahezu voll­stän­dig zum Erlie­gen zu brin­gen. Sie züch­ten dazu Mil­lio­nen­männ­li­cher Tiger­mücken, wel­che mit drei Stäm­men des Wol­ba­chia-Bak­te­ri­ums infi­ziert waren.Begatten männ­li­che Tiger­mücken, wel­che mit einem Stamm die­ses Bak­te­ri­ums infi­ziert sind,weibliche Tiger­mücken, wel­che nicht mit dem ent­spre­chen­den Stamm infi­ziert sind, sind die daraus­ent­ste­hen­den Embryo­nen nicht über­le­bens­fä­hig. Da bei der mas­sen­haf­ten Zucht von Stech­mückenes nicht ver­mie­den wer­den kann, dass dabei auch weib­li­che Exem­plare in die Umwelt gelan­gen, war­diese Methode alleine bis­her nicht lang­fri­stig erfolg­ver­spre­chend, da sich mit der Zeit eine resi­sten­tePo­pu­la­tion eta­blie­ren könnte. Des­halb kom­bi­nierte die For­schungs­gruppe die Methode mit einer­Ste­ri­li­sa­tion der Mücken mit Gam­ma­strah­lung, wodurch eine Repro­duk­tion gänz­lich aus­ge­schlos­sen­wer­den konnte. Die Anzahl der gefun­de­nen über­le­bens­fä­hi­gen Eier sank mit­tels die­ser Methode um94%. Quelle: https://www.nature.com/articles/d41586-019-02160-z.

Die Anzugs­stel­len­den bit­ten den Regie­rungs­rat nun zu prü­fen und zu berichten:

-Wie könnte eine Koope­ra­tion respek­tive ein Pilot­pro­jekt mit dem public health insti­tute ana­log zur Vor­ge­hens­weise der erwähn­ten For­schungs­gruppe initi­iert wer­den, um die voll­stän­dige Eli­mi­nie­rung der Tiger­mücke in der Region Basel zu erreichen?

-Wel­che Mit­tel sind dafür notwendig?

-Wel­che näch­sten Schritte sind dafür notwendig?

System Change not Climate Breakdown

Warum wir einen grund­le­gen­den Wan­del in unse­rem Wirt­schafts­sy­stem drin­gend brauchen

Das heu­tige Wirt­schafts­sy­stem ist ein auf end­lo­sem Wachs­tum und stei­gen­dem Res­sour­cen­ver­schleiss basie­ren­des Kon­strukt. In der Natur kom­men sol­che Systeme nor­ma­ler­weise nicht vor und wenn sie vor­kom­men, meist nur sehr kurz­fri­stig, wenn der Mensch ein System zum Bei­spiel durch einen über­mäs­si­gen Nähr­stoff­ein­trag stark ver­än­dert hat.

Als ein gutes Bei­spiel dafür kann man eine Bak­te­ri­en­kul­tur her­an­zie­hen. Hat man eine Mischung ver­schie­de­ner Arten mit unter­schied­li­chen Eigen­schaf­ten in einem Kul­tur­ge­fäss und stellt ihnen aus­ge­gli­chene Bedin­gun­gen zur Ver­fü­gung, kann diese Kul­tur lange über­le­ben. Erhöht man jedoch das Wachs­tum einer Art zum Bei­spiel durch die Zugabe von Zucker erheb­lich, ver­braucht diese alle Nähr­stoffe des Systems innert kür­ze­ster Zeit, es wer­den hohe Kon­zen­tra­tio­nen an gif­ti­gen Abfall­pro­duk­ten gebil­det und das System kol­la­biert. Ähn­lich ver­hält es sich bei sich stark aus­brei­ten­den Krank­hei­ten, die ihre Wirte töten – nach einer expo­nen­ti­el­len Aus­brei­tung bricht ab einem gewis­sen Punkt die Epi­de­mie zusam­men, da keine Wirte mehr vor­han­den sind.

Mir ist bewusst, dass dies sehr dra­sti­sche Ver­glei­che sind. Jedoch ist es auf­grund der Dring­lich­keit der heu­ti­gen Situa­tion unum­gäng­lich, denn genau so ver­hält sich das heu­tige Wirt­schafts­sy­stem auf der Welt. Schon heute taut der Per­ma­frost, wie es eigent­lich erst auf das Ende die­ses Jahr­hun­derts vor­aus­ge­sagt wurde. Rie­sige Wald­flä­chen bren­nen, sei es nun in der Ark­tis oder in den tro­pi­schen Regen­wäl­dern Afri­kas und Süd­ame­ri­kas.

In Europa ster­ben Mil­lio­nen Bäume auf­grund der Trocken­heit, die Bestände von Insek­ten und Vögeln befin­den sich in einem dra­ma­ti­schen Sink­flug. Heute sind 105’000 Arten auf der Roten Liste der IUCN, alleine 2019 kamen 7000 Arten neu dazu. In den kom­men­den Jahr­zehn­ten wird diese Liste wohl auf rund eine Mil­lion Arten anwach­sen, wenn wir nicht sofort etwas dage­gen tun.

Das grund­le­gende Pro­blem unse­res heu­ti­gen Wirt­schafts­sy­stems ist klar: Es basiert auf einem unend­li­chen Wachs­tum, bei dem Res­sour­cen plan­mäs­sig ver­schwen­det wer­den, eine Über­pro­duk­tion ein­kal­ku­liert ist und sich der Wohl­stand in den Hän­den eini­ger weni­ger anhäuft, wäh­rend­des­sen der Gross­teil der Bevöl­ke­rung schlecht dasteht und teil­weise um ein halb­wegs men­schen­wür­di­ges Leben kämp­fen muss.

Wie wider­wär­tig die­ses System ist, kön­nen wir gut am Bei­spiel der Rüstungs­in­du­strie sehen. Nur damit sich diese Kon­zerne wei­ter berei­chern kön­nen, expor­tie­ren sie aus der Schweiz Kriegs­ma­te­rial in die ganze Welt. Kriegs­ma­te­rial ist bekannt­lich nicht dazu da, Men­schen­le­ben zu schüt­zen und die Gesell­schaft wei­ter zu brin­gen – Kriegs­ma­te­rial tötet. Dies sollte allen klar sein und nie­mand sollte dies mit dem eige­nen Gewis­sen ver­ein­ba­ren kön­nen, aber unter der Dok­trin des Wirt­schafts­wachs­tums wird in Kauf genom­men, dass Men­schen abge­schlach­tet wer­den.

Dass wir gemein­sam die­ses System von Grund auf ändern müs­sen, liegt auf der Hand. Wir müs­sen schnellst­mög­lich davon abkom­men, dass wir in einer auf Wachs­tum und Aus­beu­tung basie­ren­den Gesell­schaft leben. Dafür müs­sen wir einer­seits den Han­del von Aktien, Roh­stof­fen und Nah­rungs­mit­teln in seine Schran­ken wei­sen oder unter Umstän­den gleich ganz ver­bie­ten. Denn der Akti­en­kurs ist heut­zu­tage an das ste­tige Wachs­tum einer Firma gekop­pelt und eine Firma ver­liert gleich an Wert, wenn diese auch nur weni­ger wächst als pro­gno­sti­ziert.

Die Wirt­schaft wird des­we­gen durch kurz­sich­tige Restruk­tu­rie­rungs- und Aus­la­ge­rungs­stra­te­gien geprägt, durch die es immer häu­fi­ger zu Mas­sen­kün­di­gun­gen und der Ver­la­ge­rung von festen hin zu tem­po­rä­ren Arbeits­stel­len kommt. Dies alles nur, damit Grossaktionär*innen hohe Divi­den­den­aus­schüt­tun­gen und das Manage­ment exor­bi­tante Boni ein­kas­sie­ren kön­nen.

Der Gross­teil der Bevöl­ke­rung lei­det dar­un­ter und die gna­den­lose Aus­beu­tung der natür­li­chen Res­sour­cen schrei­tet im Eil­tempo voran. Zeit­gleich wer­den an den Bör­sen Grund­nah­rungs­mit­tel gehan­delt, wodurch deren Preise der­art stei­gen, dass sich viele Men­schen auf der Welt diese nicht mehr lei­sten kön­nen und akut an Unter­ernäh­rung lei­den. Diese neo­li­be­rale Wirt­schafts­dok­trin des Kapi­ta­lis­mus, die sich gerne unter dem Deck­man­tel der freien Wirt­schaft ver­kauft, führt unwei­ger­lich zur Anhäu­fung des Wohl­stan­des bei eini­gen weni­gen und der zuneh­men­den Ver­ar­mung und Aus­beu­tung des Gross­teils der Bevöl­ke­rung und einem Zusam­men­bre­chen der natür­li­chen Systeme.

Es ist anzu­neh­men, dass sich diese Ent­wick­lung bei einem wei­te­ren Vor­an­schrei­ten der Digi­ta­li­sie­rung und Robo­ti­sie­rung noch wei­ter zuspit­zen wird.Auf Kosten der arbeit­neh­men­den Bevöl­ke­rung wer­den viele Stel­len ver­schwin­den und es ist blau­äu­gig zu glau­ben, dass in unse­rem heu­ti­gen System diese Stel­len durch neue Arbeits­plätze ersetzt wer­den. Sze­na­rien, wel­che wir bis­her nur aus dys­to­pi­schen Büchern oder Fil­men ken­nen, wer­den immer wahr­schein­li­cher. Schrei­tet diese Ent­wick­lung wei­ter voran, wird der Gross­teil der Men­schen unter pre­kä­ren Umstän­den in einer zer­stör­ten Welt leben, wäh­rend­dem sich eine Par­al­lel­ge­sell­schaft von Super­rei­chen abspal­tet. Um ein wei­te­res Vor­an­schrei­ten in eine sol­che Zukunft zu ver­hin­dern, müs­sen wir als Gesell­schaft nun schnellst­mög­lich han­deln.

Ein wich­ti­ger Schritt wäre, eine Gegen­be­we­gung zur neo­li­be­ra­len Pri­va­ti­sie­rungs­welle zu star­ten. So gehört einer­seits die Grund­ver­sor­gung in die Hände des Staa­tes -es kann nicht sein, dass sich bei­spiels­weise unsere Was­ser-, Ener­gie- und Gesund­heits­ver­sor­gung in pri­va­ten Hän­den befin­den. Zudem soll der Staat viel mehr in die For­schung und Ent­wick­lung neuer Tech­no­lo­gien inve­stie­ren, diese dann aber in staat­li­chen For­schungs­in­sti­tu­ten und Unter­neh­men behal­ten.

Es ist essen­ti­ell, dass wir als Bevöl­ke­rung diese Tech­no­lo­gien in den eige­nen Hän­den haben, die Gewinne und Errun­gen­schaf­ten aus die­sen auch der Bevöl­ke­rung zugu­te­kom­men und dass diese Betriebe nicht an den Akti­en­märk­ten mit­spie­len. Denn der Staat ist kein Fremd­kör­per, der über uns ent­schei­det – der Staat sind wir als ver­einte Bevöl­ke­rung.

Mir ist bewusst, dass ich hier keine voll­um­fäng­li­che Anlei­tung für den System­wan­del lie­fere. Dies muss ich als Ein­zel­per­son auch nicht. Es muss uns aber klar sein, dass unser heu­ti­ges neo­li­be­ra­les Wirt­schafts­sy­stem, auch als Kapi­ta­lis­mus bekannt, uns im Eil­tempo auf den Abgrund zusteu­ert. Es ist höch­ste Zeit, dass wir gemein­sam das Ruder her­um­reis­sen und ein System auf­bauen, wel­ches nicht mehr auf einem desa­strö­sem Wachs­tum beruht und in dem die Gewinn­ma­xi­mie­rung über dem Wohl von Mensch und Umwelt steht.

Ein Resümee ein halbes Jahr nach „Basel pro Klima“

Nur eine linke Mehr­heit kann uns vor den Fol­gen des Kli­ma­wan­dels schützen

Seit letz­tem Jahr im Früh­som­mer arbei­tete ich mit der Arbeits­gruppe Kli­ma­wan­del der JUSO BS an Moti­ons­vor­schlä­gen, wel­che sich mit den unter­schied­li­chen Aspek­ten des Kli­ma­wan­dels beschäf­tig­ten. Einer davon war, dass wir unsere Baum­ar­ten­zu­sam­men­set­zung in den Bas­ler Wäl­dern schnellst­mög­lich ändern müs­sen, damit wir nicht in ein gros­ses Wald­ster­ben gera­ten. Denn bis zur Mitte die­ses Jahr­hun­derts wer­den die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren in Basel vor­aus­sicht­lich so hoch sein, wie diese heute im süd­li­chen Tes­sin, bei­spiels­weise in Locarno sind. Der grosse Unter­schied zum süd­li­chen Tes­sin ist jedoch, dass Basel nur etwa die Hälfte des Nie­der­schlags erhält, wie er im Süd­tes­sin fällt. Dies geschieht unab­hän­gig davon, ob wir unsere CO2-Emis­sio­nen wäh­rend des näch­sten Jahr­zehnts dra­stisch redu­zie­ren können.

Dadurch war schon zu erwar­ten, dass viele unse­rer hei­mi­schen Baum­ar­ten bei stei­gen­dem Hitze- und Dür­re­stress sehr sen­si­bel reagie­ren, Trocken­schä­den erlei­den, anfäl­lig auf Krank­hei­ten und Para­si­ten wer­den und gross­flä­chig abster­ben kön­nen. Des­halb sol­len die Forst­be­triebe die Baum­ar­ten mit Arten aus dem Mit­tel­meer­raum erset­zen, wel­che unse­ren hei­mi­schen Arten öko­lo­gisch am näch­sten sind. Diese besie­del­ten wäh­rend den letz­ten eis­zeit­li­chen Tem­pe­ra­tur­mi­nima auch gemein­same Rück­zugs­stand­orte, dadurch kann gewähr­lei­stet wer­den, dass unsere hei­mi­sche Tier­welt sich am ein­fach­sten an die neue Vege­ta­tion anpas­sen kann. So gibt es im Mit­tel­meer­raum viele öko­lo­gisch wert­volle Eichen- und Tan­nen­ar­ten, wel­che sich per­fekt für die­sen Zweck eig­nen wür­den. Der Kan­ton hätte dafür die nöti­gen Mit­tel bereit­stel­len sol­len. Die­ser Moti­ons­vor­schlag hätte sowohl öko­lo­gi­sche als auch forst­wirt­schaft­li­che Inter­es­sen berück­sich­tigt und hätte als weg­wei­sende Ent­wick­lung in der Schwei­zer Wald­wirt­schaft gel­ten können.

In Zusam­men­ar­beit mit Frak­ti­ons­mit­glie­dern der SP Basel-Stadt unter Füh­rung der Gross­rä­tin Lisa Mathys konnte nach mona­te­lan­ger Arbeit Anfang Jahr ein viel­sei­ti­ges und gut aus­ge­ar­bei­te­tes Moti­ons­pa­ket ein­ge­reicht wer­den. Zusätz­lich zum Wald­um­bau wurde die Bekämp­fung des städ­ti­schen Hit­ze­insel­ef­fekts, die Her­aus­lö­sung kan­to­na­ler Finanz­an­la­gen aus kli­ma­schäd­li­chen Inve­sti­tio­nen, das Ver­bot syn­the­ti­scher Pesti­zide, die pro­ak­tive För­de­rung der Bio­di­ver­si­tät und die Umset­zung der Kli­ma­neu­tra­li­tät des Kan­tons bis 2050 gefordert.

Doch lei­der kam es anders als erhofft. Am 15. Mai wurde unter ande­rem die „Motion Lisa Mathys und Kon­sor­ten betref­fend Basel pro Klima: Nach­hal­ti­ger Wald­um­bau im Kli­ma­wan­del“ von der bür­ger­li­chen Mehr­heit des Gros­sen Rates ver­senkt. In ihren Argu­men­ta­ti­ons­ver­su­chen in der BZ mein­ten Raoul Fur­lano (LDP), dass die Motio­nen nur „lächer­li­che Wahl­pro­pa­ganda“1 sei, Erich Bucher (FDP) meinte es sei „ein auf die Schnelle zusam­men geschu­ster­tes Paket“2 und  Joël Thü­ring (SVP) pala­verte wie gewohnt: „Die SP kommt nun bei jedem Vor­stoss mit dem Argu­ment, dass wir schliess­lich den Kli­ma­not­stand aus­ge­ru­fen haben. Wir sind nicht in die Falle getappt.“3 Katja Christ von der GLP und Patri­cia von Fal­ken­stein gaben im Arti­kel zwar kein State­ment ab, sie stimm­ten aber im Gros­sen Rat eben­falls gegen diese und andere wich­tige Motio­nen4.

Dies war nun vor fast sie­ben Mona­ten und wir alle wis­sen, was die­sen Som­mer pas­siert ist. Auf­grund der Dürre im 2018 und der Bedin­gun­gen in die­sem Früh­jahr und Som­mer kam es in der Region zu einem rie­si­gen Baum­ster­ben. Rie­sige Flä­chen im Hard­wald sind abge­stor­ben, bei Stür­men wur­den viele geschwächte Baume umge­wor­fen und der Buch­drucker, ein Bor­ken­kä­fer, ver­mehrte sich explo­si­ons­ar­tig in ganz Mit­tel­eu­ropa. Baum­ar­ten wie die Weiss­tanne, wel­che bis­her als robust gegen den Kli­ma­wan­del gal­ten, gel­ten seit die­sem Jahr nicht mehr als sehr taug­lich für zukünf­tige Kli­ma­be­din­gun­gen. Die Fichte fiel in der Region teil­weise kom­plett aus. Mitt­ler­weile ersu­chen Wald­be­sit­zer im Basel­land eine Mil­lion an Sofort­hilfe und wei­tere Unter­stüt­zungs­mass­nah­men5.

Was uns schon damals klar war, wurde von der Rea­li­tät auf dra­sti­sche Weise bestä­tigt: Wir müs­sen sofort mit einem Wald­um­bau begin­nen, denn in Zukunft wer­den sich Dürre- und Hit­ze­ex­treme wei­ter häu­fen. Was zudem klar wird: Die bür­ger­li­chen Par­teien sind voll­kom­men unge­eig­net, die Pro­bleme (geschweige denn den Kli­ma­wan­del an und für sich) die der Kli­ma­wan­del mit sich bringt, zu bekämp­fen, denn es fehlt ihnen offen­sicht­lich an Kom­pe­tenz und der Fähig­keit, Vor­aus­schau­end zu planen.

Eine andere Motion, die wir ein­ge­reicht haben, lau­tete „Reduk­tion und Ver­min­de­rung von Hit­ze­ex­tre­men und Tro­pen­näch­ten in Basel zur Ver­rin­ge­rung hit­ze­be­ding­ter Sterb­lich­keit“. Sie wurde von den glei­chen Bür­ger­li­chen abge­lehnt – wir kön­nen in die­sem Zusam­men­hang nur hof­fen, dass die bür­ger­li­che Mehr­heit im Bas­ler Gros­sen Rat, dem Natio­nal­rat und dem Stän­de­rat schnellst­mög­lich abge­wählt wird.

1, 2, 3 Zitate aus dem BZ-Arti­kel „Ein biss­chen Not­stand: Gros­ser Rat lehnt Reihe an Vor­stös­sen zum Thema Umwelt­schutz ab“

4 http://abstimmungen.grosserrat-basel.ch/archiv/Amtsjahr_2019-2020/2019.05.15/Abst_0927_20190515_114544_0011_0006_ab.pdf

5 https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/klimawandel-hilfe-fuer-waldbesitzer

Den Wald heute an das Klima von morgen anpassen

Spä­te­stens seit dem Dür­re­som­mer 2018 ist klar, dass unsere heu­ti­gen Wäl­der nicht für den aktu­el­len und bevor­ste­hen­den Kli­ma­wan­del gewapp­net sind. Schon mit der aktu­el­len Erhö­hung von rund 2.0 °C in der Schweiz kom­men regio­nal gewisse Baum­ar­ten an ihre Gren­zen. Sie wer­den anfäl­lig gegen­über Extrem­ereig­nis­sen, die durch das sich ändernde Klima häu­fi­ger wer­den. Damit dies nicht zu einem gross­flä­chi­gen Abster­ben der Bäume in unse­ren Wäl­dern führt, muss schnellst­mög­lich gehan­delt und schon heute die Baum­ar­ten­zu­sam­men­set­zung an das wesent­lich wär­mere und trocke­nere Klima ange­passt werden.

Kahl­schlags­flä­che in der Bas­ler Lange Erlen. Die ehe­ma­lige Fich­ten­mo­no­kul­tur ist dem Dür­re­som­mer 2018 zum Opfer gefal­len © Phil­ipp Schuler

Kli­ma­wan­del der Region Basel
In Basel stieg die jähr­li­che Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur inner­halb eines Jahr­hun­derts von 9.6 °C um 1.6 °C auf 11.2 °C an (Durch­schnitt 1900-1919 bzw. 2000-2019, Mess­sta­tion Basel-Bin­nin­gen 1IDA­web, Daten­por­tal für Lehre und For­schung: https://gate.meteoswiss.ch/idaweb/more.do?language=de). Somit ist Basel in die­ser Zeit vom tem­pe­rier­ten zum sub­me­di­ter­ra­nen Klima gewech­selt.

Der Dür­re­som­mer von 2018 hat schweiz­weit schon unter den heu­ti­gen kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen tau­sende Bäume zum Abster­ben gebracht – sei es direkt durch Ver­trock­nen oder vor allem indi­rekt durch Lang­zeit­schä­den wie Infek­tio­nen durch Krank­heits­er­re­ger oder Para­si­ten, wel­che bei den stark geschwäch­ten Bäu­men leich­tes Spiel hat­ten.

In den kom­men­den 30 Jah­ren wird die hie­sige jähr­li­che Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur vor­aus­sicht­lich auf rund 13 °C anstei­gen und somit wie Locarno vom sub­me­di­ter­ra­nen ins medi­ter­rane Klima wech­seln. Dies jedoch mit weni­ger als der Hälfte des jähr­li­chen Nie­der­schlags, was den Wald in der Region Basel noch anfäl­li­ger auf das geän­derte Klima macht. Wenn wir die glo­ba­len Treib­haus­gas­emis­sio­nen nicht umge­hend stark redu­zie­ren, wird bis zum Ende die­ses Jahr­hun­derts die hie­sige Jah­res­durch­schnitts­tem­pe­ra­tur um wei­tere 1 bis 3 °C auf 14 bis 16 °C stei­gen.

Bäume kön­nen mit dem Kli­ma­wan­del nicht mit­hal­ten
Keine der bis­her regio­nal vor­kom­men­den Baum­ar­ten wird die­sen Kli­ma­ver­än­de­run­gen gewach­sen sein2Wei­tere Infor­ma­tion zum Thema z.B. in die­sem Arti­kel: Kli­ma­wan­del – zu schnell für jeden Baum https://www.waldwissen.net/wald/klima/wandel_co2/lwf_klimawandel_schnell/index_DE. Die Frage ist nur, wie schnell und wie weit wir den Tem­pe­ra­tur­be­reich ver­las­sen wer­den, den unsere heu­ti­gen Baum­ar­ten ver­kraf­ten können. 

Kur­zes Video über den Zustand des Wal­des in der Region Basel © by Michael Waser 

«Wenn wir jetzt nicht han­deln und unsere Wäl­der fit für den Kli­ma­wan­del machen, wer­den wir rela­tiv bald vor einem Desa­ster stehen.»

Prak­tisch alle heute in Europa natür­lich vor­kom­men­den Pflan­zen- und Tier­ar­ten haben die letz­ten eis­zeit­li­chen Käl­te­pe­ri­oden in einem mehr oder weni­ger schma­len Strei­fen rund um das Mit­tel­meer über­dau­ert3Refu­gien in Europa wäh­rend der Eis­zeit https://science.sciencemag.org/content/300/5625/1563 – mit Aus­nahme der an Kälte ange­pass­ten Arten, die wir heute noch in der Tun­dra, Taiga und dem Hoch­ge­birge fin­den4Refu­gien wäh­rend der letz­ten Eis­zeit – Unter­schiede zwi­schen borea­len und tem­pe­ra­ten Arten https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1365-2745.2008.01422.x.

Von der Geschichte der Euro­päi­schen Wäl­der ler­nen
Bio­geo­gra­phisch und öko­lo­gisch bil­de­ten die euro­päi­schen Arten also über lange Zeit mehr oder weni­ger eine Ein­heit und über­schnei­den sich in den Über­gangs­zo­nen vom tem­pe­rier­ten zum medi­ter­ra­nen Klima noch heute. Es ist anzu­neh­men, dass viele unse­rer hei­mi­schen Tier­ar­ten auch heute noch eine poten­ti­elle Anpas­sung an Arten auf­wei­sen, wel­che heute gar nicht mehr mit ihnen im glei­chen Gebiet vor­kom­men.

Als Bei­spiel hier­für ist bei­spiels­weise die Ess­ka­sta­nie (Marroni/Casta­nea sativa) zu nen­nen. Sie über­dau­erte eben­falls am Mit­tel­meer in min­de­stens zwei Refu­gi­al­ge­bie­ten in der Region von Grie­chen­land und der Tür­kei im Osten und in der Region von Ita­lien und Spa­nien im Westen5Micro­sa­tel­lite mar­kers reveal a strong geo­gra­phi­cal struc­ture in Euro­pean popu­la­ti­ons of Casta­nea sativa (Fagaceae): Evi­dence for mul­ti­ple gla­cial refu­gia https://bsapubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.3732/ajb.1200194. Erst durch die Römer wurde sie wie­der nörd­lich der Alpen im gerin­gen Umfang ver­brei­tet. Trotz der (von einem mensch­li­chen Blick­win­kel betrach­tet) lan­gen Tren­nung der Ver­brei­tungs­ge­biete konnte nach­ge­wie­sen wer­den, dass Ess­ka­sta­nien in Deutsch­land eine mit den hei­mi­schen Eichen ver­gleich­bare Bio­di­ver­si­tät an Käfer- und Pilz­ar­ten beher­ber­gen6Unter­su­chun­gen zum Bei­trag der Edel­ka­sta­nie zur Bio­di­ver­si­tät https://cms.waldwissen.net/wald/naturschutz/arten/fva_edelkastanie_biotop/index_DE/edit/originalartikel.pdf.

Bio­geo­gra­phisch ähneln sich noch heute die Wald­ge­mein­schaf­ten in Europa, dem nahen Osten und im Iran in vie­len Aspek­ten, so sind auch unsere hei­mi­schen Eichen­ar­ten in die­sen Regio­nen zu fin­den 7Ver­brei­tung von Quer­cus robur und Quer­cus petraea https://www.researchgate.net/profile/Giovanni_Caudullo/publication/299471357_Quercus_robur_and_Quercus_petraea_in_Europe_distribution_habitat_usage_and_threats/links/570b71aa08ae8883a1fe1b7a.pdf oder https://www.sid.ir/en/journal/ViewPaper.aspx?id=488039. Rund um das Mit­tel­meer gibt es unzäh­lige Baum­ar­ten, wel­che uns in Mit­tel­eu­ropa nur wenig oder gar nicht bekannt sind8z.B. alleine bei den Eichen unter ande­rem Quer­cus fagi­nea, Q. itha­bu­ren­sis, Q. castan­ei­fo­lia, Q. libani, Q. macro­l­epis, Q. tro­jana, Q. look, Q. pyre­naica, die medi­ter­ra­nen Tan­nen­ar­ten Abies pins­apo, A. numi­dica, A. nebro­den­sis etc. und viele mehr. Viele die­ser Arten haben heute oft nur noch ein rela­tiv klei­nes Ver­brei­tungs­ge­biet und sind teil­weise selbst vom Aus­ster­ben bedroht. Jedoch haben viele von ihnen das Poten­tial, den not­wen­di­gen Wald­um­bau so zu gestal­ten, dass er sowohl öko­lo­gisch als auch forst­wirt­schaft­lich Erfolg­reich durch­zu­füh­ren wäre. 

Eichen aus dem Mit­tel­meer­raum sind sehr resi­stent gegen Hitze und Trocken­heit und bie­ten unzäh­li­gen hei­mi­schen Tier­ar­ten Nah­rung und Lebens­raum © Phil­ipp Schuler

Alte Feh­ler wer­den Wie­der­holt
Lei­der wer­den jedoch in der Forst­wirt­schaft auch heute oft die glei­chen Feh­ler began­gen, wie sie schon im letz­ten Jahr­hun­dert gemacht wur­den. Zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del wer­den Bäume wie die nord­ame­ri­kan­sche Dou­gla­sie ver­wen­det. Ihre forst­wirt­schaft­li­che Eig­nung im Zusam­men­hang mit dem Kli­ma­wan­del ist jedoch frag­wür­dig, vor allem die in Europa ver­wen­de­ten Her­kunft, wel­che an rela­tiv feuch­tes Gebirgs­klima ange­passt ist9Cli­mate Response of Dou­glas Fir Reve­als Recently Increa­sed Sen­si­ti­vity to Drought Stress in Cen­tral Europe https://www.mdpi.com/1999-4907/10/2/97 Native-source cli­mate deter­mi­nes the Dou­glas-fir poten­tial of adap­t­ation to drought https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0378112718323715. Zudem beher­bergt diese Art ten­den­zi­ell eine weni­ger hohe Bio­di­ver­si­tät bzw. vor allem bei Arten, wel­che keine gros­sen Ansprü­che an ihren Lebens­raum haben10Aus­wir­kun­gen der Dou­gla­sie auf die Wald­bio­di­ver­si­tät https://www.waldwissen.net/wald/naturschutz/wsl_douglasie_waldbiodiversitaet/index_DE.

Auch sonst in der Forst­wirt­schaft oft auf Arten mit nord­ame­ri­ka­ni­scher Her­kunft gesetzt11z.B. hier https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/waldbau/umbau/bfw_fichtenersatz/index_DE, wel­che sich bei genauer Betrach­tung weder für ein wär­me­res und trocke­ne­res Klima eig­nen, öko­lo­gisch frag­wür­dig sind und sich höch­stens als Bei­mi­schung in einen Wald­be­stand eignen. 

Durch den Kli­ma­wan­del hat sich unsere Umwelt schon stark geän­dert. In Basel herrscht jetzt sub­me­di­ter­ra­nes Klima und es wird sich in Zukunft noch viel stär­ker erwär­men.

Es wäre mir auch lie­ber, wenn wir jetzt noch 200 Jahre Zeit hät­ten, die öko­lo­gi­schen Aus­wir­kun­gen der ver­schie­de­nen Baum­ar­ten des Mit­tel­meer­rau­mes und des nahen Ostens im Wald­bau genau zu stu­die­ren. Lei­der haben wir auf­grund der aku­ten Situa­tion nicht die benö­tigte Zeit die dazu nötig wäre. Auf­grund diver­ser bio­geo­gra­phi­scher und öko­lo­gi­scher Erkennt­nisse kön­nen wir aber mit einer sehr gros­sen Sicher­heit sagen: mit Baum­ar­ten aus dem Mit­tel­meer­raum ist es mög­lich, wel­che eine hohe öko­lo­gi­sche Viel­falt mit einem forst­wirt­schaft­li­che Mehr­wert zu verbinden. 

Wir haben jetzt schon keine Zeit mehr – han­deln wir jetzt!

Stark degra­dierte Land­schaft am Bei­spiel des öst­li­chen Mit­tel­meer­raums. Über­nut­zung, Ero­sion und Trocken­heit ver­un­mög­li­chen eine Rege­ne­ra­tion der natür­li­chen Öko­sy­steme © Phil­ipp Schuler

Und der Umbau unse­rer Wäl­der muss sehr bald begin­nen. Wenn wir jetzt nicht han­deln und unsere Wäl­der fit für den Kli­ma­wan­del machen, wer­den wir rela­tiv bald vor einem Desa­ster ste­hen. Im besten Fall bezieht sich dies nur auf die schon heute rela­tiv war­men Tief­la­gen oder Karst­re­gio­nen wie dem Jura­bo­gen. Wenn wir den welt­wei­ten Aus­stoss an Treib­haus­ga­sen nicht bald in den Griff bekom­men, wer­den davon jedoch vor­aus­sicht­lich ein Gross­teil der Schweiz akut betrof­fen sein.